Essen, die Einkaufshalle?

August 17, 2009 · Print This Article

karstadt Essen, die Einkaufshalle?

Photo credit: Michael Dammer

Der Essener Innenstadt eine kulturelle Neigung andichten zu wollen waere wahrscheinlich vermessen. Es war schon immer eine Konsummetropole – “Essen, die Einkaufsstadt”. Essen, das aus Polen und Holland ganze Reisebusse voller kauffreudiger Nachbarn anzieht. Aber irgendwie hatte die Innenstadt immer einen Reiz fuer mich. Hatte. Man mag mein Nasenrumpfen verzeihen – ich bin mit der Stadt aufgewachsen – aber der Reiz geht so langsam aber sicher floeten.

Heutzutage scheint Essen ja vor allem durch seine Geschaeftszentren glaenzen zu wollen. Erst kam das Essener City Center, die ueberdachte Einkaufsstrasse mit Geschaeften im Einheitslook  – welcher ja jetzt schon wieder geupdated und renoviert wird, damit auch ja alles konkurrenzfaehig bleibt. Und jetzt also der neue Limbecker Platz, das Mega-Einkaufszentrum, das ich zwar schon halbfertig im letzten Winter zu Gesicht bekam, aber dessen ganze Sterilitaet sich mir erst heute im sommerlichen Sonnenschein offenbarte.

Ich verstehe ja, woher die Anstrengungen ruehren. Erst kam das CentrO und drohte, den Essener Einkaufsplatzhirsch abzuschiessen; dann erwachte sogar das altehrwuerdige RheinRuhrZentrum aus seinem 70er-Jahre-Schlaf und putzte sich nochmal halbwegs fein heraus. Aber das sind Zentren, amerikanische “Malls”, die in der Mitte vom Nirgendwo stehen. Essen ist eine Stadt, und sie verliert zielstrebig ihre Identitaet als solche. Nicht, dass vor 10 Jahren noch jedes Geschaeft aus dem Anfang des Jahrhunderts stammte und in historischen Gebaueden mit mittelalterlichen Aussenverzierungen untergebracht gewesen waeren. Das waren schon immer grosse Kaufhaueser, die zu grossen Kaufhausketten gehoerten. Aber gegen die luftige Langeweile des neuen Karstadt Geschaeftes im Limbecker Platz war das alte, “historische” Gebaeude doch geradezu eine Offenbarung. Frueher waren die Geschaefte halt nicht so konzentriert, man konnte noch einen Trip von der HöLe bis zum Cinemaxx planen, und waehrend der Stippvisite bei Roskothen fand man tatsaechlich noch einen alten Spielzeugladen, anstatt billigen 1 Euro Ramsch. Und wenn ich mit dem Auto bei Horten oder an der Lichtburg vorbeifahren wollte, ja verdammt nochmal, dann konnte ich das auch!

Nunja, Ablagen “Grumpy Old Men” und “Frueher War Alles Besser”. Wahrscheinlich reagiere ich so empfindlich aus die Neuerungen, weil mich das alles zu sehr an die USA erinnert. Wie soll ich meiner amerikanischen Frau da noch den Unterschied zum traditionellen Europa zeigen? Das Prinzip “Mall” kriegt man doch auch “da drueben” alle paar Kilometer um die Ohren geballert – mit dem Unterschied, dass die Amis hoechstens ueber einen alten Indianerfriedhof zementierten, nicht aber gedenken, baldmoeglichst das ganze Geschaeftsviertel einer alten Ruhrpott Stadt ueberdacht zu haben. Scheint zumindest so…

“Essen das Konsumparadies”? Der Name mag durchaus noch zutreffen. Aber aus “Essen der Einkaufsstadt” wird irgendwie immer weniger.

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